Mnemosyne und die Moderne – Aby Warburgs "Bilderatlas Mnemosyne"
Vom 2. Juni bis 28. August 2019 – Ausstellungshalle Neues Rathaus
Anlässlich des 20. Museumsgeburtstages zeigt das Kunstmuseum Bayreuth in der Ausstellungshalle im Neuen Rathaus 63 von 73 Bildtafeln des „Bilderatlas Mnemosyne“ in der Rekonstruktion der Albertina in Wien.
Warburg wird 1866 in eine jüdische Bankiersfamilie als ältester von sieben Kindern geboren. Anders als seine Brüder entscheidet er sich jedoch gegen eine Karriere als Bankier und überlässt seinem jüngeren Bruder sein Erbe als Erstgeborener. Bereits früh entdeckt er sein Interesse für Bildwissenschaften und studiert Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie in Bonn, München, Straßburg und Florenz. In seiner Dissertation 1892 analysiert Warburg Werke von Botticelli. Darüber hinaus möchte er erforschen, wie antike Themen und Ausdrucksformen der Kunst in späteren Epochen, vor allem in der europäischen Renaissance, Einzug erhielten und welchen Einfluss sie noch immer haben. Außerdem fasziniert Warburg die Astrologie und Mythologie. Vor allem die kultischen Rituale nicht europäischer Naturvölker, wie die der Hopi-Indianer in den USA, die er 1895 besucht und dessen Schlangenritual ihn beeindruckt.
Der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Warburg revolutioniert die moderne Bildwissenschaft, indem er neue Methoden der Ikonographie und Ikonologie entwickelt. Er analysiert erstmals Symbole und Attribute in einem Bild auf deren Bedeutung und Tradition, anstatt wie üblicherweise nur Technik und Stil zu berücksichtigen. Diese von ihm eingeleitete kunsthistorische Betrachtung von Bildinhalten wird später vom Kunstwissenschaftler Erwin Panofsky weitergeführt.
Um seine Forschungen über vorgeprägte antike Ausdruckswerte in der europäischen Kunst zu visualisieren, beginnt Warburg 1924 sein letztes großes Projekt, den „Bilderatlas Mnemosyne“. Dieser bleibt zu seinem Tod 1929 unvollendet. Mit Hilfe seines Assistenten Fritz Saxl sammelt er Materialien, um sie verschiedenen Themengruppen, sogenannten „Cluster“, zuzuordnen. Seine bildwissenschaftlichen Forschungen hält Warburg auf 1,70m x 1,40 m großen, mit schwarzem Stoff bespannten Holzrahmen, fest. Er benutzt hierfür jedoch keine originalen Kunstwerke, sondern Kopien und andere Gegenstände wie Zeitungsartikel, Briefmarken oder Werbeplakate. So kann er nach Themen sortieren, um nachzuverfolgen, wie bestimmte Motive umgesetzt wurden.
Der Name „Mnemosyne“ leitet sich von der griechischen Göttin der Erinnerung, der Mutter der Musen, ab. Warburg ließ diesen Schriftzug auch über dem Eingang der von ihm gegründeten Kulturwissenschaftlichen Bibliothek in Hamburg anbringen.
Noch immer werfen die Bildtafeln Rätsel auf, denn sie weisen weder Beschriftungen noch Texte auf. Die Tafeln wurden nach Warburgs Tod 1929 und der Verlagerung seiner Bibliothek nach London aus Schutz vor den Nationalsozialisten auseinander genommen. Nur anhand von Photographien konnten sie rekonstruiert werden. In Form eines Weges als Schlangenlinie können die Besucher dort den Denkprozess Warburgs erleben.
Weitere Informationen zur Ausstellung
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